Der Wald-Holz-Konflikt - Plädoyer für die Nutzung von Biomasse
Professor Christian Ammer, Forstwissenschaftler an der Universität Göttingen, wehrt sich gegen das von Peter Wohlleben in dessen Buch „Das geheime Leben der Bäume“ verbreitete Bild des Waldes.
Der Wald als Natur- und Kulturgut hat nicht nur im Waldland Österreich einen besonders hohen Stellenwert. Er erfüllt viele verschiedene Zwecke und bedient unterschiedlichste Interessen. Der deutsche Forstwissenschaftler Prof. Christian Ammer hat kürzlich in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Kritik an der Art geübt, wie das Bild des Waldes in diversen Medien auf naive Weise verklärt wird.
Im Gespräch mit der FAZ nimmt Christian Ammer unter anderem auch zu den Themen Holznutzung und Klimaschutz Stellung:
FAZ: Muss man eigentlich mit Wald Geld verdienen?
Christian Ammer: Man muss es nicht, wenn man gleichzeitig eine gute Antwort darauf hat, wie man die Produkte, die aus dem Wald kommen, anders bereitstellt oder einspart. Wenn einer sagt, er brauche keinen Holztisch, dann muss er dazu sagen, ob er ohne Tisch zurecht kommt oder ob er der Meinung ist, Tische sollten grundsätzlich nur noch aus Kunststoff oder Aluminium hergestellt werden. Wenn er letzteres sagt, bitte ich ihn, mir die entsprechende Ökobilanz vorzurechnen. Wenn die schlechter ist als die eines Holztischs, was der Fall ist, dann muss er klar sagen, dass ihm das egal ist. Wenn es ihm nicht egal ist, hat er ein argumentatives Problem.
Peter Wohlleben legt in seinem Buch über das geheime Leben der Bäume, dass Holz nicht klimaneutral ist, was bedeuten würde: Vorsicht vor dem Verfeuern von Holz!
Herr Wohlleben behauptet, dass bei der Verbrennung von Holz nicht nur die darin gespeicherte Menge an CO2 freigesetzt würde, sondern in selber Menge CO2 aus dem Boden im Zuge der Nutzung. Das ist nachweislich falsch – auch wenn man das Verfeuern von Holz kritisch sehen kann unter dem Aspekt, dass es dafür eigentlich zu schade ist. Wird mit seiner Verbrennung aber ein fossiler Brennstoff wie zum Beispiel Erdöl eingespart, ist damit unbestreitbar ein für den Klimaschutz positiver Effekt verbunden. Um auf das Buch zurückzukommen: ich hätte mich weniger darüber aufgeregt, wenn es durch solche Aussagen nicht Botschaften aussenden würde, die politisch relevant werden könnten. Wer Herrn Wohlleben in Talkshows zuhört, muss zu dem Schluss kommen, dass die Nutzung von Wäldern zum Zwecke der Bereitstellung von Holz per se etwas Schlechtes ist, insbesondere mit Blick auf den Klimaschutz
Ist die Forschung in diesem Bereich eindeutig?
Ja, Meinungsverschiedenheiten gibt es eigentlich nur hinsichtlich des Zeithorizonts der Betrachtung. Die Frage, ob Wälder unter Gesichtspunkten des Klimaschutzes bewirtschaftet werden oder von einer Nutzung ausgenommen werden sollten, ist verbunden mit der Frage: Welche der beiden Optionen bindet mehr CO2? Die Antwort auf diese Frage wird ganz entscheidend davon abhängen, ob ich die nächsten zehn Jahre betrachte oder die nächsten fünfzig oder hundert und wie viel CO2 ein Wald schon gespeichert hat. Es gibt einen Punkt, an dem ist der CO2-Speicher, den ein Wald darstellt, voll, die Frage ist lediglich, wann das der Fall ist. Deshalb sind der Ausgangswert und die Betrachtungszeit wichtig. Je voller der Biomassespeicher schon ist und je länger ich das System betrachte, umso besser schneidet mit Blick auf den Klimaschutz die Nutzung gegenüber der Nicht-Nutzung ab, da das genutzte Holz laufend fossile Energieträger ersetzt, während im ungenutzten Wald der Speicher irgendwann gefüllt ist. Uneinigkeit herrscht darüber, bei welcher Höhe der Holzbiomasse eines Waldes dies der Fall ist. Klar ist aber auch: Weder die Nicht-Nutzung noch die Nutzung von Wäldern können das Problem der viel zu hohen CO2-Immissionen auch nur ansatzweise lösen. Die Waldbewirtschaftung und der Waldspeicher kompensieren gerade einmal 13 Prozent des jährlichen CO2-Ausstoßes Deutschlands. Auf die verbliebenen 87 Prozent hat der Wald keinen Einfluss.
Man streitet sich also um einen relativ kleinen Beitrag, während das eigentliche Problem bislang völlig ungelöst ist. Zurück zu Ihrer Frage nach der Aussage von Herrn Wohlleben zum Bodenkohlenstoff: es gibt viele Arbeiten, die übereinstimmend zeigen, dass zwischen naturnah bewirtschafteten und nicht bewirtschafteten Wäldern keine Unterschiede in den Bodenkohlenstoffvorräten nachgewiesen werden konnten.
Das gesamte Interview finden Sie HIER.