Wie billiges Öl die Energiewende bremst
Der niedrige Ölpreis bremst derzeit die notwendige Entwicklung im Energie- und Wärmebereich.
Mehr Investitionen in erneuerbare Energien könnten die Energiewende rasch voranbringen und dem drohenden Klimawandel entgegenwirken. Der niedrige Ölpreis bremst derzeit allerdings die notwendige Entwicklung im Energie- und damit auch im Wärmebereich. Falls sich dieser Trend fortsetzt, besteht die Gefahr, dass die Klimaziele nicht erreicht werden können. Eine erfolgreiche Klimapolitik wird nur durch gezielte Maßnahmen von staatlicher Seite Wirklichkeit werden können.
Kräftemessen der Ölproduzenten lässt Ölpreis fallen
Hauptverantwortlich für diese Entwicklung sind vorrangig die USA und Russland. Beide Staaten haben durch die drastische Steigerung ihrer Ölproduktion den Markt praktisch überschwemmt. Zusätzlich tritt der Iran aufgrund der aufgehobenen Wirtschaftssanktionen seit kurzem wieder als Öllieferant auf dem internationalen Markt auf. Obwohl das iranische Öl derzeit noch gar nicht verfügbar ist, beeinflusst es bereits über die Finanzmärkte den Ölpreis.
Bei gleichzeitig kaum steigender Nachfrage bedeutet das für die Produzenten zwar finanzielle Verluste, aus Angst, Marktanteile zu verlieren, halten sie die Fördermenge jedoch weiterhin hoch. Verschärft wird diese Entwicklung durch Spekulationen an der Börse, die künstlich einen Ölpreis erzeugen, der nicht dem Wert des Öls entspricht.
Eine detaillierte Analyse zur Ölpreisentwicklung ist dem Oil Market Report der International Energy Agency (IEA) zu entnehmen. Demzufolge erwartet auch die IEA für die unmittelbar nächste Zeit noch fallende Preise. Ab Ende 2017 soll der Ölpreis allerdings wieder steigen. Da vor allem die USA bis zum Jahr 2020 die Spitze ihrer Ölproduktion erreicht haben werden, gehen Experten davon aus, dass die Weltmarktpreise danach nur noch steigen können. Wer also jetzt in eine Ölheizung investiert, wird deshalb in Zukunft mit steigenden Ölpreisen leben müssen. Dies bestätigte auch Umweltminister Rupprechter in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ (am 13. Dezember 2015), wo er klarstellte, jetzt eine Ölheizung einzubauen sei eine Fehlentscheidung.
Drastische Umsatzeinbußen im heimischen Wärmemarkt
Der niedrige Ölpreis setzt das falsche Signal, dass die Warnungen vor knapper werdenden Öl-Ressourcen nicht wirklich ernst zu nehmen seien. Diese Betrachtungsweise berücksichtigt allerdings weder den mittel- bis langfristig prognostizierten Anstieg des Ölpreises noch die klimatischen Auswirkungen der Verbrennung fossiler Energieträger und die notwendigen Reaktionen der Politik darauf, wie etwa eine CO2-Steuer.
Dementsprechend zeichnen die rückläufigen Umsätze bei Pelletkessel- und Solarthermie-Herstellern ein deutliches Bild des derzeitigen Marktversagens. Starke Einbußen musste auch die Dämmstoff- und Fensterindustrie hinnehmen.
Anzahl neuinstallierter Pelletkessel um 38 Prozent gesunken
Der niedrige Ölpreis führte im Pelletkesselmarkt trotz attraktiver Förderungen zu einem deutlichen Rückgang der Neuinstallationen. Viele Ölkesselbetreiber haben ihre Heizöltanks aufgefüllt und einen Kesseltausch mit Brennstoffwechsel verschoben. So sanken die Pelletkessel-Verkaufszahlen im Jahr 2014 um satte 38,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr: Wurden 2013 noch über 10.000 Pelletkessel in Österreich installiert, sanken die Installationen im Jahr 2014 auf etwa 6.000.
Solarthermie seit 2009 stark rückläufig
Auch im Bereich der Solarthermie ist nach einer starken Wachstumsphase bis 2009 der Inlandsmarkt seit fünf Jahren in Folge stark rückläufig. Einflussfaktoren dieser Entwicklung sind neben den Auswirkungen der Wirtschaftskrise die deutlich gesunkenen Preise für Photovoltaikanlagen und vor allem Öl.
Konkret waren mit Ende des Jahres 2014 in Österreich 5,2 Millionen Quadratmeter thermische Sonnenkollektoren in Betrieb, was einer installierten Leistung von 3.600 MWth entspricht. Der Nutzwärmeertrag dieser Anlagen lag bei 2.100 GWhth. Damit werden entsprechend des österreichischen Wärmemixes 440.898 Tonnen an CO2-Emissionen vermieden.
Nachfrage nach Dämmstoffen sinkt um 8 Prozent
Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich in der Nachfrage nach Dämmstoffen, die im Jahr 2014 gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang auf 5,3 Millionen Kubikmeter (-3,3 Prozent) verzeichnete. Verantwortlich für diese Entwicklung ist vorrangig der signifikant schrumpfende Sanierungsmarkt. Obwohl Dämmung in Hinblick auf die langfristige Entwicklung des Ölpreises immer im wirtschaftlichen Bereich liegt, sind die Verkäufe von Dämmstoffen für die Renovierung von Ein- und Zweifamilienhäusern 2014 gegenüber dem Vorjahr um nahezu 8,2 Prozent gesunken. Der Absatz im Neubau wächst allerdings um 1,8 Prozent. Die schwache Nachfrage führt zudem zu sinkenden Herstellererlösen aus Dämmstoffen. So wurden 2014 mit Dämmstoffen zur Gebäudeisolierung nur noch 295 Millionen Euro umgesetzt, fast 11 Prozent weniger als noch zwei Jahre zuvor.
Jahr | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 |
Umsatz in Mio. Euro | 327,7 | 330,1 | 313,6 | 294,5 |
Quelle: Branchenradar Dämmstoffe in Österreich 2015
Ein ähnlicher Verlauf der Entwicklung ist auch in der Fensterbranche zu beobachten. Das schwache Sanierungsgeschäft führte hier im Jahr 2014 ebenfalls zu einem Umsatzrückgang von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Gezielte Maßnahmen von staatlicher Seite unumgänglich
Die beschriebenen Auswirkungen des niedrigen Ölpreises führen zwangsläufig zur Erkenntnis, dass erfolgreiche Klimaschutzpolitik nur dann funktioniert, wenn fossile Energieträger durch Besteuerung sukzessive teurer werden. Andernfalls, so zeigt die bisherige Entwicklung, fehlt der Anreiz für Investitionen in erneuerbare Energieträger und Energieeffizienz. Gezielte Maßnahmen von staatlicher Seite sind daher unumgänglich.
„Bis 2020 könnte mehr als die Hälfte der Raumwärme aus erneuerbaren Energien stammen. Die Technologien stehen zur Verfügung, die Potentiale sind vorhanden, der positive volkswirtschaftliche Effekt steht außer Zweifel, die Finanzierung ist möglich. Was noch fehlt, ist der gemeinsame politische Wille“
so Josef Plank, Präsident des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ).
Als konkrete Voraussetzungen zur Umsetzung einer erfolgreichen Klimaschutzpolitik werden u.a. folgende Maßnahmen vorgeschlagen:
- Erarbeitung einer Energiestrategie für Österreich mit Zielen bis 2030:
- 60 Prozent erneuerbare Energien
- Reduktion des Endenergieverbrauches auf 940 Petajoule
- Reduktion der CO2-Emissionen um 60 Prozent (im Vergleich zu 2005)
- Einberufung eines Regierungsbeauftragten für die Energiewende mit den Aufgaben Vermittlung, Information und Koordination zwischen Wirtschaftsbereichen und Ministerien, Sozialpartnern, Bund und Ländern sowie umfangreichen Berichtspflichten
- Werbeverbot und Warnhinweise für fossile Brennstoffe nach dem Vorbild der Tabakwaren
- Ausweispflicht von CO2-Emissionen auf industriell gefertigten Produkten (in Gramm CO2 pro Verpackungseinheit)
- Höhere Besteuerung von Energie mit gleichzeitiger Entlastung der Lohnsteuern und Ausgleich für strukturell benachteiligte Regionen und energieintensive Betriebe (CO2-Steuer, CO2-Abgabe im Strommarkt)
- Abbau von direkten und indirekten Subventionen für fossile Energien
- Einführung von Mindestanforderungen und Herkunftsnachweisen für das Inverkehrbringen von fossilen Brenn- und Treibstoffen auf Basis öffentlich zugänglicher Lebenszyklusanalysen (Verschlechterungsverbot zum Status quo)
- Überarbeitung von Energieeffizienz-Gesetz und OIB-Richtlinien zum Abbau von Barrieren für erneuerbare Energien sowie Einbringung der Energieeffizienz-Grundsätze auf europäischer Ebene.
Und um es mit den Worten des IEA-Chefs Fatih Birol abschließend zu sagen:
„Derzeit ist keine Zeit, sich auszuruhen. Die Phase niedriger Ölpreise muss genutzt werden, um mit künftigen Bedrohungen für die Energiesicherheit fertig zu werden.“