Ein nachhaltig bewirtschafteter Wald ist ein gesunder Wald
Für uns Österreicher selbstverständlich – das für uns lebenswichtige Ökosystem Wald. Wie aber kann der Wald, wie wir ihn kennen, erhalten werden? Wer arbeitet daran? Und wie bauen die Österreichischen Bundesforste den klimafitten Wald der Zukunft? Eine Spurensuche.
Kennen Sie eigentlich Shinrin Yoku? Nein, es handelt sich nicht um ein neuartiges japanisches Getränk und Shinrin Yoku ist auch kein steinalter Kampfsport aus Fernost. Vielmehr ist es der japanische Begriff für Waldbaden, übersetzt „ein Bad in der Atmosphäre des Waldes nehmen“. Wikipedia versteht darunter „den achtsamen Aufenthalt im Wald, bei dem die Aufnahme der Waldatmosphäre und der enge Kontakt zur Natur im Fokus stehen. Waldbaden soll dazu verhelfen, Entschleunigung zu finden, neue Lebensfreude zu schöpfen und Energiereserven einmal ordentlich aufzufüllen“. Eine Definition, die man vorbehaltlos unterschreiben könnte, wobei das Phänomen natürlich nicht unbekannt ist. Der einflussreiche Philosoph und Psychoanalytiker Erich Fromm etwa („Haben oder Sein“; „Die Kunst der Liebe“) prägte den sogenannten „Biophilia-Effekt“, nach dem die Hingabe zur Natur in jedem Menschen angelegt ist. Genug der grauen Theorie, in Japan ist das grüne Waldbaden bereits eine anerkannte Praxis zur Gesundheitsvorsorge.
Positive Effekte, schützenswerter Lebensraum
So weit sind wir in Europa leider noch nicht, den positiven Effekt auf Körper und Seele kennt natürlich jeder von uns. Freilich, er ist weit größer und nachhaltiger, als es so auf den ersten Blick den Anschein hat. Diese gesundheitsfördernde Wirkung wäre indes eine noch andere Geschichte – wir beschäftigen uns hier mit dem großen Ganzen, mit der nachhaltigen Bewirtschaftung und dem Wald insgesamt als schützenswertem Lebensraum, Arbeitsplatz und Wertschöpfung. Und wir gehen der Frage nach, wie man den Wald zukunfts- sowie klimafit macht. Zunächst aber rasch einige Grundlagen, die wissen sollte, wer den Wald verstehen will.
Biodiversität
Gesunder Wald bedeutet zunächst einmal Vielfalt. Eine Vielfalt, die es zu erhalten gilt und dabei müssen wir mithelfen. Stichworte: Klimakrise, Wetterextreme und Borkenkäfer, aber dazu noch ein wenig später. Gelebte Biodiversität macht unsere Wälder widerstandsfähiger gegenüber Klima- und Umwelteinflüssen. Einer der vielen Menschen, die dazu beitragen, ist Stefanie Thaler, ÖBf-Forsteinrichterin. Sie entwickelt Maßnahmen- und Pflegepläne, die dann von den Revierleitern, Förstern und Assistenten umgesetzt werden. Um den Ansprüchen der vielfältigen Arten gerecht zu werden, braucht es ein ganzes Mosaik verschiedenster Lebensräume. Im Sommer ist Thaler im Wald unterwegs, im Winter digitalisiert sie ihre Daten und zeichnet eine Forstkarte, mit der das jeweilige Revierpersonal arbeitet. „Am besten gefällt mir die Abwechslung. Dass ich eigenverantwortlich, aber auch im Team arbeiten kann. Und dass ich meine Hunde mitnehmen darf“, sagt sie.
»Am besten gefällt mir die Abwechslung, dass ich eigenverantwortlich, aber auch im Team arbeiten kann.« Stefanie Thaler, ÖBf-Forsteinrichterin
Der große CO2-Speicher
CO2, das ist bekannt, gilt als echter Klima-Killer. Unsere Wälder hingegen wirken als gigantischer CO2-Speicher. Fast eine Milliarde Tonnen Kohlenstoff binden sie. Und das funktioniert so: Bäume entziehen bei ihrem Wachstum dank Photosynthese der Atmosphäre CO2 und binden es in Wurzeln, Stamm und Krone, wobei die stärkste Bindung in der Lebensphase mit dem höchsten Wachstum, zwischen 40 und 80 Jahren, erfolgt. Wird Holz dem Wald entnommen bleibt das CO2 im Holz, zB in Möbeln oder einem Dachstuhl, gebunden und im Wald ist Platz für neue Bäume.
Holz: bio-ökonomisches Multitalent
Unsere Forstwirtschaft liefert mit Holz einen kontinuierlich regional verfügbaren, nachwachsenden Rohstoff. Ein Basiselement der Erde und veritables Multitalent, welches in unzählig vielfältiger Weise genützt wird. Etwa als Ersatz anderer Materialien respektive nicht erneuerbarer Energieträger. Oder als ökonomische Nutzung bei der Bewirtschaftung anfallender „Nebenprodukte“ im Sägewerk. Jene Produkte, welche bei unseren nachhaltigen Heizsystemen die Hauptrolle spielen – unsere Pellets nämlich. Um diese existenzielle Kraft unserer Wälder auch für künftige Generationen zu erhalten, arbeiten die Bundesforste am Wald der Zukunft. Eine Zukunft, die bereits begonnen hat.
»Wir setzen auf regelmäßiges Käfer-Monitoring, um den Borkenkäfer im Zaum zu halten.« Ephräm Unterberger, ÖBf-Revierleiter
Käfer-Monitoring
Trockenheit, Hitze, Wetterextreme, dazu Borkenkäfer und andere Waldschädlinge. Kein Zweifel, der Klimawandel hinterlässt in Österreichs Wäldern nicht nur deutliche Spuren, sondern auch hohe Schäden: „Die Schadholzmenge blieb 2021 mit rund 1,1 Millionen Festmetern weiterhin auf sehr hohem Niveau“, fasst Bundesforste- Vorstand Rudolf Freidhager die neueste Entwicklung des vergangenen Jahres 2021 zusammen. Der ungewöhnlich trockene und kühle Frühling setzte dem Wald zu: „Von der Niederschlagsarmut war vor allem der Osten Österreichs betroffen. Die Vegetation begann daher erst später zu wachsen“, erläutert Freidhager weiter. Rund eine halbe Million Festmeter hat der Borkenkäfer, mit dessen unsäglichem Wirken sich etwa Ephräm Unterberger, Revierleiter im ÖBf-Forstrevier Inntal auseinandersetzt, auf dem Kerbholz: „Wir setzen auf regelmäßiges Käfer-Monitoring. Wir schauen, dass wir den Borkenkäfer, der uns die geplagte Fichte auffrisst, möglichst im Griff haben und forsten mit Mischbaumarten auf. Für mich ist ein klimafitter Wald ein Wald mit vielen verschiedenen Baumarten, die sich gegenseitig stabilisieren. Und wenn eine Baumart ausfällt, sind noch fünf andere da.“
»Wir setzen unterschiedliche Baumarten auf die Fläche, um den Wald stabiler und resistenter gegen Naturgefahren und Schädlingsbefall zu machen. « Mathias Moser, ÖBf-Holzernteleiter
Wald und Wild
Zu pflegen gilt es auch den heiklen Wildbestand. Eine Aufgabe beispielsweise für Revierjägerin Anna Siegl, die ihre Arbeit so beschreibt: „Ich sorge dafür, dass Wald und Wild im Gleichgewicht sind. Meine Aufgaben sind neben der klassischen Jagd auch Naturschutz und Forst. Ich schaffe Wildlebensräume, halte den Verbiss im Auge. Ich gebe den Tannen und dem Laubholz, die das Wild relativ gerne nascht, einen Vorsprung." So gewinnt der Wald Zeit, sich zu regenerieren.
Artenreicher Mischbestand
Ein weiterer wichtiger Arbeiter am Wald der Zukunft ist ÖBf-Holzernteleiter Mathias Moser. Sein Einsatzgebiet umfasst große Waldgebiete im Traun- und Innviertel, seine Aufgabe: die Organisation der Holzernte. „Wie wichtig ein klimafitter Wald ist, hat uns leider der Winter 2019 bewiesen“, sagt Mathias Moser ein wenig traurig. „Durch die massive Schneelast sind die Bäume einfach zusammengebrochen wie Zündhölzer.“ Die Strategie dagegen heißt wiederum Vielfalt: „Während in dieser Region früher stark auf die Fichte gesetzt wurde, weil dieses Holz vor allem für die Saline benötigt wurde, machen wir jetzt das Gegenteil. Wir versuchen viele Baumarten auf die Fläche zu pflanzen, um das Risiko zu streuen und den Wald stabiler und resistenter gegen Naturgefahren und Schädlingsbefall zu machen. Wir wollen hier in Zukunft einen stabilen, artenreichen Mischbestand erzeugen. Wir vermeiden Ernteschäden und trachten die Naturverjüngung nicht unnötig zu beschädigen. So können dann auch künftige Generationen den Rohstoff Holz und den Wald selbst nützen.“
Unser Wald verändert sich also laufend und benötigt – gerade in Zeiten des Klimawandels – unsere Hilfe. Damit nicht nur die Wunderwelt Wald als Lebensraum vieler kostbarer Arten überlebt und vielfältig gedeiht, sondern damit auch wir Menschen überleben und vielfältig gedeihen.
»Bis 2025 sind bei den Bundesforsten Aufwendungen von rund 100 Millionen Euro für den Wald der Zukunft geplant.« Rudolf Freidhager, Bundesforste-Vorstand
Österreichischer Wald in Zahlen:
Die Österreichischen Bundesforste verwalten 10 % der Fläche Österreichs, darunter 15 % der heimischen Wälder. Mitarbeiter*innen Bundesforste: 965
Wanderwege: 14.000 Kilometer
Seen (größer als 1 Hektar): 74
Quelle: Bundesforste
Weitere Informationen finden Sie unter: www.wald-der-zukunft.at
Wellness im Wald Waldbaden senkt den Stresslevel sowie den Blutdruck und stärkt das Immunsystem. Das Grün wirkt positiv auf Körper und Psyche.